Mit das Erste, was du findest, wenn du dich über die ayurvedische Ernährung informierst, ist häufig der Satz: Zwischenmahlzeiten verboten. In meinen Anfangszeiten mit der Ayurveda haben mich solche Statements immer ziemlich abgeschreckt. Denn ich mag keine Dogmen. Sie machen uns eng.
Umso mehr und tiefer ich mich dem Ayurveda widmete, umso mehr verstand ich, dass derartige Richtlinien immer nur eine verkürzte und einseitige Sichtweise auf unser Leben darstellen. Denn der Ayurveda kommt als ganzheitliche Wissenschaft des Lebens ohne starre Verbote und Gebote aus.
Von der Nahrung zur Energie
Deine ayurvedische Ernährung sollte daraufhin ausgerichtet sein, dass du aus deiner Nahrung maximale Energie ziehen kannst. Dies gelingt meist dann, wenn wir überwiegend Nahrungsmittel zu uns nehmen, die zu unserer natürlichen Konstitution passen.
Zwischenmahlzeiten können uns gut tun, uns nähren und Energie geben. Sie können jedoch auch unser Verdauungsfeuer schwächen, was zu verschiedenen Beschwerden wie Müdigkeit, Übergewicht oder Verdauungsproblemen führen kann.
Deswegen möchte ich dir kurz den Weg skizzieren, den eine Mahlzeit durchläuft, bis sie schließlich deinen Körper mit Energie versorgen kann. Die Verdauung beginnt bereits im Mund. Bereits im Mund werden lange Kohlenhydratketten in kleinere Zuckereinheiten aufgespalten, wenn wir unsere Nahrung ausreichend kauen. Im Ayurveda nennen wir diese Phase das Kapha-Stadium, in dem die Nahrung verflüssigt wird. Von dort wird die Nahrung in den Magen transportiert und der Nahrungsbrei immer weiter aufgelöst. Dort beginnt die Pitta-Phase, in der das Verdauungsfeuer Essenz und Abfallstoffe der Nahrung trennt.
Etwa zwei bis drei Stunden später gelangen die Nahrungsbestandteile im Dünndarm an, wo sie weiter gespalten werden, bis sie klein genug sind, um die Dünndarmwand zu passieren. Im Magen und Dünndarm werden vor allem die saure Geschmacksrichtung verdaut.
Im Dickdarm werden die zusammenziehende und bittere Geschmacksrichtung verdaut. Dies ist die sogenannte Vata-Phase. Alle brauchbaren Komponenten wandern von dort durch die offenen Kanäle der Darmwand ins Blut oder in die Lymphe. Nun kann der Stoffwechsel beginnen. Neues Gewebe wird gebildet, neue Hormone, Enzyme produziert oder die Nährstoffe direkt als Energie verbraucht.
Dies läuft jedoch nicht bei jedem von uns gleich ab. Jeder Mensch besitzt seine ganz eigene Dynamik von Stoffwechsel und Verdauung. Deswegen betrachtet der Ayurveda Ernährung immer individuell.
Zwischenmahlzeiten im Ayurveda: Empfehlenswert oder nicht?
Wie du siehst dauert es etwa 3-6 Stunden, bis unsere Nahrung vollständig verdaut worden ist. Dies hängt jedoch stark von der Zusammensetzung und Menge der Speisen ab. Vegetarische/vegane oder kohlenhydratreiche Nahrung ist weitaus schneller zu verdauen als Speisen, die sehr protein- oder fleischlastig ist.
Nehmen wir Nahrung zu uns, bevor die letzte Mahlzeit verdaut worden ist, so führt dies zu einer Erhöhung aller Doshas. Essen wir jedoch Speisen nach der Verdauung der letzten Mahlzeit und lassen unser Verdauungsfeuer Agni auch mal richtig brennen, so fördern wir nicht nur eine gesunde Verdauung, sondern einen gesunden Gewebeaufbau und somit Langlebigkeit und Vitalität.
In unserer Kultur ist es tendenziell eher verbreitet, zu viel zu essen und ständig Zwischenmahlzeiten einzunehmen, obwohl sich mehr Appetit, als ein richtiges Hungergefühl eingestellt hat. Auch wird Essen oft zum Mittel, um der gefühlten inneren Leere und fehlenden Erdung entgegenzuwirken.
All dies ist aus ayurvedischer Perspektive natürlich nicht empfehlenswert und kann langfristig zu Problemen wie Allergien, Verdauungsbeschwerden, Müdigkeit und auch Beschwerden im Bewegungsapparat führen.
Nicht zu wenig, nicht zu viel
Ideal ist es drei Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Die Menge sollte etwa dem entsprechen, was in deine zu Schalen geformten Hände passt. Zu wenig oder zu leichtes Essen ist auch nicht gut, da wir damit langfristig unsere Verdauung und Stoffwechsel schwächen. Du solltest dich angenehm gesättigt und zufrieden nach deinem Essen fühlen.
Wenn du dich überwiegend vegetarisch oder vegan ernährst und gerne leicht verdauliche Speisen zu dir nimmst, spricht auch aus ayurvedischer Perspektive nichts dagegen, ab und zu am Nachmittag einen Snack einzunehmen. Meine Ayurveda-Ärztin in Indien sagte Snacks sind angebracht, wenn wir hungrig sind. Klingt simpel und macht auch Sinn. Wenn wir jedoch einfach aus Gewohnheit alle zwei Stunden irgendetwas zu uns nehmen, stören wir damit nicht nur die Verdauung, sondern auch einen gesunden Gewebeaufbau und rauben uns eher Energie, als dass wir sie uns zuführen.
Gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit, in denen Themen wie mangelnde Selbstliebe, fehlende Erdung und Stabilität immer größer werden, ist es meiner Meinung nach nicht zielführend, sich mit starren Verboten und Geboten zu begegnen.
Regelmäßige und warme Mahlzeiten in der angemessenen Menge und der für uns passenden Zusammensetzung sorgen für Erdung, Stabilität und Energie und sollten uns nähren und glücklich machen. Und ab und zu können dies auch achtsam ausgewählte und eingenommene Snacks.
Snacks für die Doshas Vata, Pitta und Kapha
Vata: Ingwerstückchen, Datteln, Sesamkrokant, warmer Chai mit Milch, süßes Obst, Mandeln, Mandel-/Tahinikekse, Milchreis, Rosinen-Bananen-Brot, warme Suppe, süßer Obst-Smoothie, Haferriegel
Vermeiden: Trockene und harte Snacks wie große Mengen an Nüssen
Pitta: Kokosplätzchen, reifes süßes Obst, Datteln, getrocknete Mangos, Milch mit Ghee und Rosenwasser, Gemüsesticks mit Hummus, Haferriegel, Minztee, Smoothie
Vermeiden: Scharfe und fettige Snacks wie Chips
Kapha: Puffreis mit würzigem Aufstrich, Popcorn, Trockenfrüchte, Sonnenblumenkerne, Ingwerstückchen, Roggencracker, Gemüsesticks mit scharfem Hummus, scharfer Tee, Maissuppe, leichtes Obst, Smoothie
Vermeiden: Süße und reichhaltige Snacks und Bananen
Einer meiner Lieblingssnacks sind saftige Medjoul-Datteln. Gerade in der kalten Jahreszeit habe ich immer ein paar Datteln dabei, die meinen Süßhunger stillen und mich sättigen. Was ist dein Lieblings-Snack?
Alles Liebe,
Verena
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