Ziel ist es immer sich in Balance zu essen

Jetzt ist die Zeit, in der sich bei vielen von uns Kapha in Form von Frühjahrsmüdigkeit, Erkältungskrankheiten, Verschleimungen und Schwere ansammelt. Nicht nur deswegen ist diese Jahreszeit beliebt, um eine Reinigungskur durchzuführen und Kapha auszuleiten. Während wir im Winter vermehrt das Bedürfnis nach Süße und Schwere und meist ein gutes Verdauungsfeuer haben, steigt bei vielen von uns jetzt der Appetit auf grünes und knackiges Gemüse. Unser Körper signalisiert uns seine Bedürfnisse. Umso länger du dich nach ayurvedischen Prinzipien ernährst, umso besser wirst du in der Lage sein, diese Signale deuten zu können. Super! Bedeutet das also, dass wenn uns das nächste Mal der Heißhunger auf Süßes überfällt, wir ruhigen Gewissens nach der erstbesten Puddingschnecke greifen dürfen?

Ganz so einfach ist das leider auch nicht.

Doch in der ayurvedischen Ernährung wird in der Tat großen Wert darauf gelegt, dass alle sechs Geschmacksrichtungen – auch die süße Geschmacksqualität – in unseren Mahlzeiten vorkommen, da diese für unser emotionales und körperliches Wohlbefinden wichtig sind.

 

Die süße Geschmacksqualität

Der Ayurveda geht davon aus, dass wir mithilfe der sechs Geschmacksrichtungen direkten Einfluss auf die Zusammensetzung der Doshas nehmen können. Die Doshas sind höchst dynamische Kräfte und steuern als funktionale und qualitative Einheiten alle biologischen und psychischen Prozesse des Körpers. Mit diesem Hintergrundwissen macht es Sinn, dass alle Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter, scharf und herb ausgeglichen und im täglichen Speiseplan zu sich genommen werden sollten, um zu gewährleisten, dass alle Bereiche unseres Körpers mit den notwendigen Nährstoffen versorgt werden.

Die Geschmackswahrnehmung süß setzt sich aus den Elementen Wasser und Erde zusammen und ihr werden Qualitäten wie schwer, feucht und fest zugeschrieben. Wenn du süße Lebensmittel in Maßen konsumierst, wirken diese also nährend, stabilisierend und erdend. Gerade Vata- und Pitta-Konsitutionen können allgemein verstärkt zu süßen Lebensmitteln greifen, vor allem in Form von Getreide oder süßem Gemüse und Obst. Im Übermaß kann Süße jedoch nicht nur zu Gewichtszunahme und erhöhtem Kapha, sondern auch zu “Ama” führen. Ama sind giftähnliche Substanzen, die sich über lange Zeit im Körper ansammeln. Man geht davon aus, dass sie die Ursache vieler Erkrankungen sind.

Es kommt also immer auf die klimatischen und jahreszeitlichen Bedingungen und unseren Konstitutionstyp an, um entscheiden zu können, ob süße Lebensmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt gut für uns sind, oder eher nicht. Und süß ist außerdem nicht gleich süß.

Cravings vermeiden durch alternative Süße in der Ernährung

Im Ayurveda werden nicht nur der herkömmliche Zucker und Süßigkeiten als süß eingestuft, sondern auch andere Lebensmittel wirken erdend und stabilisierend:

  • Gewürze: Zimt, Kardamom, Nelke, Koriander, Vanille, Muskat
  • Nüsse: fast alle Nüsse, Mandeln und Samen
  • Getreide und Pseudogetreide: Reis, Hafer, Weizen etc.
  • Gemüse: Karotten, Süßkartoffeln, rote Beete, Kürbis, Pastinake und weitere Wurzelgemüse
  • Früchte: Fast alle süßen Früchte

Viele kennen Süßhunger nur zu gut. Da muss dann oft ein Schokoriegel oder ein fettiges Gebäck herhalten, um das plötzlich auftrende Bedürfnis nach Süße stillen zu können. Doch auch der Ayurveda rät dringend davon ab, raffinierten Zucker zu konsumieren. Langfristig hilft es dir, wenn du in deinen Speiseplan vermehrt süße Lebensmittel wie Mandeln, Mandelbutter, süßes Gemüse und Getreide einbaust. Auch solltest du auf eine ausreichende Zufuhr von pflanzlichen Proteinen und guten Fetten achten. Eine solche Ernährung stabilisiert dich und kann helfen, Heißhungerattacken vorzubeugen.

Zucker im Ayurveda und die besten alternativen Süßungsmittel

Raffinierter Zucker und andere aufbereitete Zuckerstoffe werden im Ayurveda als Produkte angesehen, die Ama produzieren und für kein Dosha gut sind. Am besten ist es immer, wenn du Süßungsmittel einsetzt, die möglichst unbehandelt sind und in ihrer natürlichen Form verwendet werden können. Außerdem weisen solche Süßungsmittel oft noch neben dem Zucker ein paar Mineralien, Vitamine oder spezielle energetische Eigenschaften auf.

Empfohlene Süßungsmittel

  • Honig (nicht erhitzt!)
  • Trockenfrüchte (Datteln, Feigen, Rosinen, Aprikosen)
  • Kokosblütenzucker
  • Shakara (ayurvedischer Zucker aus Zuckerrohr)

Im Vergleich zum raffinierten Zucker weisen diese Zuckerarten auch einen niedrigeren glykämischen Index auf. Der glykämische Index (GI) ist ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Mit einem niedrigen GI fördern spezielle Lebensmittel wie Shakara eine langsamere Energieausschüttung, sättigen länger und verursachen nicht die typischen Zuckerhochs und -tiefs.

Trotzdem gelten alle Zuckerarten aus ayurvedischer Perspektive als Kapha-erhöhend und sollten insgesamt maßvoll konsumiert werden.

Wann wir Süße brauchen und wann nicht

 Die süße Geschmacksrichtung ist vor allem gut für alle Vata- und Pitta- Konstitutionen und in Zeiten angesagt, in denen diese Doshas vorherrschen. Im Herbst und Frühwinter, wenn das Vata-Dosha erhöht ist, ist es angebracht zu süßen Gemüsesorten wie Kürbis und Rote Bete und zu nährenden Getreidespeisen zu greifen. Im Sommer, wenn Pitta oft erhöht ist, können wir mit süßen Speisen wie süßen Früchten und milden Kokosmilchcurrys der Hitze entgegenwirken. Kapha-Konstitutionen sollten alle süßen Lebensmittel nur in Maßen genießen. Auch sollten alle Konstitutionen auf ihren aktuellen Zustand und ihre mögliche Dysbalance achten. Es ist z.B. angebracht, den Süß-Konsum einzustellen, wenn sich Kapha-Symptome wie Frühjahrsmüdigkeit, Schwere, Lethargie, Verschleimungen und Erkältungen zeigen. Dann gilt es den Körper mit bitteren und herben Lebensmitteln zu nähren. Auch bei Ama (unverdaute Nahrungsmittelrückstände) sollte die süße Geschmacksrichtung nur eingeschränkt eingesetzt werden.

Meine besten Tipps für das Süßen und Backen im Alltag

Porridge: Verwende z.B. Reis-Kokosmilch, die bringt bereits eine schöne milde Süße mit. Weiche am Abend vorher Trockenfrüchte wie Rosinen in Wasser und verwende die Rosinen mit dem Einweichwasser für dein Porridge. So wirken die Rosinen übrigens auch besonders bekömmlich für dein Vata-Dosha.

Backen: Zum Backen eignen sich sehr gut Medjoul-Datteln, Dattelsüße oder auch mal Kokosblütenzucker. Hervorragend funktioniert es auch, wenn du zusätzlich Bananen oder Apfelmus mit verbackst, das gibt eine fruchtige Süße und ganz viel Saftigkeit.

Gewürze und Mandel-/Nussmus: Manchmal ist es gar nicht die Süße, die fehlt, sondern wir sehnen uns nach mehr Aroma, Komplexität oder Konsistenz. Verwende süß wirkende Gewürze wie Zimt oder Vanille und hochwertiges Mandelmus zum Abschmecken und du wirst sehen, dies stillt dein Verlangen mindestens genauso gut.

Dich erwischt der Heißhunger auf Süßes meistens unterwegs? Immer ein kleines Döschen mit Mandeln, Sesamkrokant, getrockneter Mango oder Datteln dabei haben.

Alles Liebe,
Verena

 

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Disclaimer:
Dieser Bericht spiegelt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wider und kann nicht als Empfehlung oder Beratung verstanden werden.

Foto Titelbild: Alfonso Cenname auf Wikipedia