Die indische Küche ist vielschichtig und weist regional sehr große Unterschiede auf. Die indischen Speisen wurden in der Vergangenheit von verschiedensten Einflüssen aus Regionen wie Zentralasien, Südostasien und der Türkei geprägt. Auch die Europäer hinterließen ihren Einfluss. Von der Vielfältigkeit der Regionalküchen merkt man hierzulande wenig, wenn man indisch essen geht. So ähnlich wie beim Chinesen um die Ecke. Ente süß-sauer und frittierte Bananen? Genau, du weißt was ich meine.

Ayurvedische vs. indische Küche: Wo sind die Unterschiede?

Wie ich bereits erklärt habe, ist Ayurveda-Küche nicht zwingend indische Küche. Da das ganzheitliche Heilsystem Ayurveda jedoch aus Indien stammt und auch viele Inder darauf bedacht sind, ihre Ernährung auf ihren individuellen Körpertyp und ihr Temperament abzustimmen, ist es natürlich besonders spannend zu schauen, wie die Ayurveda-Küche in Indien, in der Heimat des Ayurveda, aussieht.

Oftmals entspricht das normale traditionelle indische Essen bereits vielen Kriterien der Ayurveda-Küche:

  • überwiegend warme und leicht verdauliche Speisen
  • wenige Zutaten in einem Gericht, was das Verdauungsfeuer entlastet
  • geringer Einsatz von Fleisch- und Milchprodukten

Trotzdem werden natürlich im Alltag oft Lebensmittel verwendet, die nicht für jedes Dosha geeignet sind oder als eher schwer verdaulich gelten. Denn der typische Mangolassi ist keine ayurvedische Erfindung. Wenn du also in Indien Ayurveda-Essen suchst, das deinem Körpertyp entspricht, ist es sinnvoll, eine entsprechende Einrichtung aufzusuchen, in der ausdrücklich Ayurveda praktiziert wird. Dort wird darauf geachtet, dass jeder Gast oder Patient Essen serviert bekommt, das seinem individuellen Gesundheitszustand entspricht.

Je nach Anbieter kann sich dies natürlich sehr unterscheiden. Auch hängt es davon ab, was der Grund für deinen Aufenthalt ist, also ob du z.B. eine Panchakarma (Reinigungskur) oder Rasayana (Aufbaukur) machst oder einfach nur verschiedene Anwendungen wie Ölmassagen in Anspruch nimmst. Eine richtige ayurvedische Kur ist kein Wellness, üppige Buffets wirst du dort also nicht vorfinden.

Ein solcher Aufenthalt ist nicht unbedingt immer ein Spaziergang, lohnt sich jedoch nachhaltig.

Möchtest du einfach nur die ayurvedische Küche kennenlernen, besteht natürlich auch die Möglichkeit, einfach in ein Ashram mit ayurvedischer Küche zu reisen oder ein Ayurveda-Retreat zu besuchen.

 

Ayurvedisches Essen im Ashram Shanti Mandir in Indien

Im Shanti Mandir Ashram befindet sich die wunderschöne Ayurveda-Klink Punarnava. Mehr über die Klinik erfährst du auch in diesem Interview. Dort habe ich während meiner Yogalehrerausbildung in Indien den Großteil der Zeit gegessen. Die Speisen werden dort nach ayurvedischen Prinzipien zubereitet und sind nebenbei alle glutenfrei und vegetarisch. Die Milchprodukte wie Ghee oder Buttermilch stammen aus eigener Herstellung.

Typische Komponenten eines Ayurveda-Menüs

Ein traditionelles Ayurveda-Essen in Indien besteht aus folgenden Komponenten:

  • Reis
  • Zwei Gemüsezubereitungen (z.B. ein scharfes Gemüse und ein bitteres Blattgemüse)
  • Suppe oder flüssig gekochtes Dal
  • Dessert oder Chutney oder Raita
  • Chapati oder Roti (Fladenbrote)

Alle Gerichte sind Tridosha und somit für Vata, Pitta, Kapha geeignet

Im Punarnava werden nur Speisen zubereitet, die für alle Doshas geeignet sind, sodass das Essen im Prinzip für jeden verträglich ist. Eine klassische ayurvedische Mahlzeit enthält alle Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig, scharf, bitter und zusammenziehend. Der Ayurveda geht davon aus, dass diese auf verschiedenartige Weise auf Körper und Geist wirken. Je nachdem, wieviel du zu dir nimmst oder ob diese Menge der eigenen Konstitution entspricht, kann dies positive oder negative Folgen haben. Wenn eine Mahlzeit alle Geschmacksrichtungen in angemessener Menge enthält, gilt sie als ausgeglichen.

Somit wird gewährleistet, dass der Körper alle wichtigen Nährstoffe erhält.

Jedes Gericht enthält 4 Formen der Nahrung

Das Gericht enthält die vier Formen essbar, trinkbar, lutschbar und kaubar. Der Reis und meist ein weich gekochtes Gemüse sind essbar, die Suppe oder das Dal ist trinkbar, das Dessert oder Chutney ist lutschbar und das Brot oder härtere Gemüse ist kaubar.

 

Verwendung von saisonalen und regionalen Zutaten

Basis der meisten Gerichte sind  verschiedene Reis- und Hirsesorten, die gelbe und grüne Mungbohne und Linsen. Die meist verwendeten Gemüsesorten sind unter anderem Kürbis, Bittergurke, Yamswurzel, Zucchini und Möhren. Außerdem lebt die ayurvedische Küche von Gewürzen und Kräutern: Steinsalz, Kreuzkümmel, Hing, Senfsamen, Pfeffer, Chili, Curryblätter, Koriander, Kurkuma, langer Pfeffer, Zimt, Ajwain oder Bockshornklee – die Liste lässt sich endlos fortführen. Saisonale Früchte sind Kokosnuss, Mango oder Papaya und Bananen. Verwendete Fette sind Ghee, Kokosöl und verschiedene Nussöle.

Ausrichtung nach der Verdauungskraft

Morgens, wenn das Verdauungsfeuer noch zaghaft ist, werden anregende und leichte Speisen serviert und die Hauptmahlzeit wird mittags eingenommen. Ein typisches Frühstück besteht aus Mungcrêpes, Poha, grünen Mungbohnen oder gebratener Yamswurzel. Während hierzulande Ayurvedis gerne Porridge essen, ist das ayurvedische Frühstück in Indien meist würzig und anregend. Mittags werden eine Suppe, Gemüse und Roti aus Hirsemehl serviert. Abends gibt es dann wiederum Kitchari mit viel Ghee, Reis und Suppen, die sehr leicht verdaulich sind.

Obwohl die Gerichte aus wenigen Zutaten bestehen, sind sie sehr geschmackvoll und würzig und vor allem wohltuend. Du fühlst dich den ganzen Tag leicht und genährt. Ich bin mehr als dankbar für diese einzigartige Erfahrung in Shanti Mandir. Ein Ort, an dem die Tradition des Yoga und Ayurveda lebendig ist und voller Hingabe gelebt und weitergegeben wird.

Alles Liebe,
Verena

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